Lerne unsere Slow Food Köchin Bernadette Wörndl kennen. Seit den Anfängen von Slow Food Österreich kreiert sie für uns Rezepte mit alten Sorten und Rassen. Im Interview erzählt sie uns von ihrer Zeit bei Slow Food Pionierin Alice Waters in Kalifornien und verrät uns ihre liebsten Einkaufs- und Genussquellen in Wien.
Ich arbeite als Foodstylistin bzw. Food-Designerin. Ich entwickle und entwerfe Rezepte und Konzepte für Magazine, Bücher, Firmen und Restaurants, sowie für Slow Food Österreich natürlich. Seit 4 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der Welt des Sauerteigs. Ich bin Head of Bread bei Alma Gastrotheque und gebe zudem Kurse rund ums Backen mit wilden Fermenten. Außerdem bin ich Mama von zwei Kindern.
Slow Food kannte ich einerseits von meinen unzähligen Italienreisen. Mit dem "Osterie d'Italia" unterm Arm habe ich mich von einer Schnecke zur anderen gehantelt. Auf den Märkten in Italien kam ich dann auch mit Slow Food Produzent:innen in Berührung und fühlte mich immer mehr wohl in dieser Welt. Gleichzeitig kam mir immer wieder das legendäre „Chez Panisse“ von Alice Waters unter. Alice war unter anderem Slow-Food-Vizepräsidentin und Lebensmittelaktivistin. Sie ist Köchin, Gastronomin und Autorin und gilt als Pionierin der Farm-to-Table-Bewegung. Ab dem Zeitpunkt, als mich meine kalifornische Au-Pair-Familie nach dem Studium zum Abschied ins Chez Panisse eingeladen hatte, wusste ich: Dort zu kochen wäre mein Traum. Und so kam es.
Die drei wohl wichtigsten Slow Food Qualitätskriterien, die ein gutes Lebensmittel ausmachen. Für mich sind es Lebensmittel, Sorten und Arten, die auf die Vielfalt setzen und durch ihren vollkommenen Geschmack und deren Schönheit hervorstechen. Lebensmittel, die wohltuend und nahrhaft sind und mich mit all meinen Sinnen bewegen. Saisonalität und Regionalität bilden einen wichtigen Kreis. Von Menschen produziert, die ihr Handwerk aus Überzeugung und aus Liebe zum Produkt herstellen. Ihnen sind nachhaltigen Methoden mit Rücksicht auf die Natur äußerst wichtig. Produktion und Entlohnung müssen fair sein und die besten Arbeitsbedingungen wollen geschaffen werden. Dazu zählt auch die Wichtigkeit von traditionelle Koch-Techniken, Rezepten, das Bewahren von alten Sorten und Traditionen. Der höchste Ertrag rückt in den Hintergrund. Es zählt rein die Qualität.
Ich machte ein Internship bei Chez Panisse und das veränderte alles. Nachdem ich mich vorher im "Babette´'s Spice and Books for Cooks" als Autodidaktin sieben Jahre durch die Welt der Kochbücher gekocht hatte, begann ich den Weg wieder zurück zu meinen Wurzeln. Ich habe wieder gelernt so zu kochen, wie es mir meine Oma auf unserem Bauernhof vorlebte. Nämlich jedes Lebensmittel wertzuschätzen, alles zu verwenden und das so regional wie nur geht.
Das Schönste am Anfang: Die Rezeptentwicklung beginnt immer mit einem sehr persönlichen Kennenlernen eines neuen Produzenten, einer neuen Produzentin und dessen, deren Produkt. Dann kommt die gegenseitige Freude vom Teilen und Verkosten und Wertschätzen. Es macht mich stolz mit so einem guten Lebensmittel ein Rezept entwickeln zu dürfen. Es macht mir Freude Rezepte und Ideen zu teilen und mit Geschmack zu begeistern. Rezepte neu zu interpretieren oder bekanntem frischen Wind zu verleihen. Und ein absoluter Mehrwert ist für mich das Gericht nach dem Fotografieren mit meiner Familie zu teilen. Meinen Kindern die Geschichten der Produkte und Produzent:innen zu erzählen und so auch ein Stück Tradition und Regionalität zu bewahren und weiter zu geben.
Wirklich schwierig. Aber ich mag Wiedersehen sehr gerne! Und ich liebe backen! Ich hatte im Zuge eines anderen Projekts schon einmal die Freude die Familie Löcker vom Biohof Sauschneider und ihren Tauernroggen kennen zu lernen. Deshalb habe ich mich doppelt gefreut, heute einen Karton Tauernroggen bei meinem Nachbarn abholen zu dürfen, mit dem ich bald ein neues Rezept kreieren werde.
Inspiriert wurde ich von der legendären Apfel-Tarte im "Chez Panisse", bei der der Apfel in wunderschönen Spalten auf einen später knusprig Teig gelegt wurden. Zucker und Butter waren das Fundament. Und aus den Apfelschalen und Apfelputzen wurde zusammen mit Apfelsaft eine Glasur eingekocht, mit dieser die Tarte nach dem Backen glasiert wurde. Gemüseabfälle wurden wieder zu Bob's Farm gebracht, um dort wieder zu nahrhafter Erde zu werden. Der Fokus auf absolut reifes Obst und Gemüse war enorm. Es ging immer um den absoluten Geschmack und das so natürlich und pur wie möglich. Das hat mich so inspiriert, sodass ich während der Zeit in Kalifornien noch das Konzept zu „Von der Schale bis zum Kern“ entwickelte. Diese Art zu kochen und zu arbeiten, prägt und nährt mich nach wie vor und lässt mich wohl nie mehr wieder los.
Der Mai ist für mich frisch und grün. Radieschen-Tartin und Radieschenblätter-Pesto. Überhaupt Radieschenblätter in jeder Form. Sie sind so unterschätzt. Grüne Saucen aus Wiesenkräutern. Brennnessel-Pizza. Gegrillter Spargel mit Petersilien-Kapern-Oliven-Salsa und wachsweichem Ei. Viel Spargelfond aus den Spargelenden, der sich auf das Spargel-Risotto mit viel Zitrone freut.
Nachdem sich mein Studio im 5. Bezirk befindet und ich dort auch lange gelebt und gearbeitet habe, gehe ich gerne zu Helene in den "Bauernladen Helene" auf der Kettenbrückengasse und zum Meinklang Hofladen, von denen ich hauptsächlich auch das Mehl für mein Brot bekomme. Ich liebe den Yppenmarkt für das Urlaubsgefühl, das jedes Mal in mir aufsteigt, vor allem wenn ich im Mani Mittagessen gehe – dort gibt's den besten Hummusteller der Stadt. Ein sehr guter Freund hat vor kurzem mit Finks Gold seine eigene Greißlerei eröffnet. Ich war noch nicht dort, aber es schaut alles so unglaublich super aus! Und es gibt sogar einen kleinen Mittagstisch. Lieber Gigo, ich komm ganz bald! Dann mag ich das Fratelli Valentino für den besten Ricotta und Mozzarella der Stadt – beste Italien-Vibes und so viel Amore inklusive. Außerdem Vino Nudo für beste Weine und die wunderbare Art und Weise, wie Dominik seine Weine und Produzent:innen beschreibt.
Ich schätze die Nachbarschaftsliebe sehr! Gleich bei mir ums Eck ist der wunderbare Meinklang Hofladen. Ich bin großer Fan von der Eierspeise und jedes einzelne Gebäck und Brot dort hat beste Qualität. Für mich stimmt dort vom Interieur bis hin zur Qualität der Produkte, der Kreativität der Speisen bis hin zum Wein und der absoluten Herzlichkeit alles. Außerdem fühl ich mich immer ein bisschen wie in San Francisco. In der Alma Gastrotheque fühl ich mich fast wie zu Hause. Wir finden uns in Philosophie und Geschmack komplett wieder. Und es macht Spaß, gemeinsam neue Gerichte oder Brotsorten zu entwerfen. Ein Tag, an dem ich von der liebevollen Art der Steffi Herknerin empfangen und verwöhnt werde, ist immer ein guter. Sie vermittelt mir immer ein Gefühl von Miteinander und Zusammenhalt. Und die Spinatknödel sind einfach unfassbar! Ich liebe das Kaffee am See auf der Kettenbrückengasse – besonders, wenn das Bankerl auf der Gasse frei ist. Und ich liebs an der Bar vom Loup Garou. So eine bildhübsche Bar! So gemütlich! So nette Leute! Und sehr, sehr kreative Teller, die Spaß zum Teilen machen. Im Sommer lieb ich den Innenhof im Café Kandl und die unglaubliche Hospitality. Ich mag es, wenn mir genau erzählt wird, welche Lebensmittel ich warum und wie gekocht am Teller habe. Außerdem gibt’s wirklich gute Weine und Drinks ganz nach meinem Geschmack bei bester Stimmung.
We Are What We Eat: A Slow Food Manifesto von Alice Waters of course. Ein Must-Read für alle!
Gusto bekommen auf Bernadettes großartige Rezepte mit alten Sorten und Rassen? Hier geht's zu Bernadettes Rezeptkolumne "Rezepte der Vielfalt".