Blog, 07.06.2024

Die Region im Brot: Die Leidenschaft der Bio-Bäckerei brotsüchtig für regionale Partnerschaften

Seit ihren Anfängen legt die Bio-Bäckerei brotsüchtig großen Wert auf die Zusammenarbeit mit regionalen Bio-Produzent:innen und bezieht viele ihrer Zutaten direkt aus der Umgebung. Diese enge Kooperation mit Bauern und Bäuerinnen ermöglicht es, hochwertige und geschmackvolle Backwaren herzustellen. In einem inspirierenden Interview teilt Geschäftsführer Oliver Raferzeder seine Leidenschaft und Vision hinter diesen besonderen Partnerschaften mit uns. Oliver erzählt von den Beweggründen und der Philosophie, die die Entscheidung prägen, direkt bei den Produzent:innen einzukaufen. Er beleuchtet die Herausforderungen, die mit dieser intensiven Zusammenarbeit einhergehen, und beschreibt eindrucksvoll, wie die direkte Beziehung zu den Produzent:innen den unverwechselbaren Charakter der brotsüchtig-Backwaren prägt.

Oliver, ihr seid seit 2023 Unterstützer von Slow Food Österreich, worüber wir uns extrem freuen. In eurem Genussführer-Porträt erzählt ihr viel über eure Motivation und Philosophie, unter anderem auch darüber, dass ihr seit jeher mit Bio-Produzent:innen aus der Region zusammenarbeitet und viele Zutaten für eure Bäckerei direkt einkauft. Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Mohn, Buchweizen, Topfen, Reibkäse, Mozzarella, Eier, Honig, Obst und Gemüse, aber auch der Kaltenberger Whiskey sind einige dieser Produkte. Kannst du uns kurz erzählen, warum es euch von Anfang an so wichtig war, direkt mit Produzent:innen zusammenzuarbeiten? Kannst du uns etwas mehr über diese Partnerschaften erzählen und warum sie euch so wichtig sind?

Als Bäckerei sind wir ein Verarbeitungsbetrieb. Unsere Aufgabe ist es, Erzeugnisse aus der Urproduktion zu geschmackvollem Brot und Gebäck weiterzuverarbeiten. Wir wollten von Beginn an nur verarbeiten, was wir auch selbst essen würden. Die Verwendung qualitativ hochwertiger Bio-Rohstoffe stand daher bei uns nie zur Diskussion. Wir halten es für unglaublich essenziell, die kleinstrukturierte Landwirtschaft mit einer Vielfalt an Sorten und Rassen zu bewahren und genau deshalb kaufen wir die Rohstoffe wie Sonnenblumenkerne und Mohn, die übrigens auf den Feldern auch wunderschön aussehen, auch von hier.

Lebensmittel werden heute ganz selbstverständlich um den gesamten Globus geschickt. Laufend müssen österreichische Betriebe aufgeben, weil sie mit ihren Preisen nicht mit jenen des internationalen Marktes konkurrieren können. Wir kaufen unsere ökologischen Rohstoffe dort, wo es sinnvoll ist, nicht nur regional, sondern im besten Fall direkt bei den Landwirt:innen. Unser Ziel ist es dabei, transparente, ehrliche, langfristige und wertschätzende Beziehungen zu unseren benachbarten Produzent:innen aufzubauen sowie regionale Wertschöpfungsketten zu schaffen und zu fördern. Die Bezahlung eines fairen Preises ist für uns dabei eine Selbstverständlichkeit.

Was uns besonders freut ist, dass es mit jeder neuen Zutat mehr werden. Wir haben richtig Freude dabei, neue Produzent:innen aufzuspüren, kennen zu lernen und langfristige Partnerschaften zu entwickeln.

Inwiefern hat die direkte Zusammenarbeit mit Bio-Produzent:innen Einfluss auf die Qualität und den Geschmack eurer Backwaren?

Qualitativ hochwertige, geschmackvolle und unverarbeitete Lebensmittel sind die Basis für richtiges Brot. Nur so können wir Brot und Gebäck backen, das wie früher schmeckt.

Bei uns gibt es keine Backmischungen oder Zusatzstoffe. Wir kaufen nur qualitativ hochwertige, natürliche und biologische Rohstoffe, die alle von Hand eingewogen, gemischt, geformt, geschliffen und – nachdem der Teig ausreichend Zeit zum Reifen hatte - in den heißen Ofen eingeschossen werden. Unsere Bäcker:innen arbeiten mit ihren Händen und schaffen in bewährter Tradition eine Vielzahl an individuell geformten geschmackvollen Werkstücken, über die sich unsere Kund:innen tagtäglich freuen.

Ein besonderes Produkt, das wir bereits erwähnt haben, ist der Kaltenberger Whiskey, den der Slow Food Betrieb Thauerböck aus dem Kaltenberger Roggen, der Teil der Arche des Geschmacks ist, herstellt. Wie verwendet ihr den Kaltenberger Whiskey in eurer Bäckerei?

Der Kaltenberger Whiskey der Familie Thauerböck, die mittlerweile zu richtigen Freunden geworden sind, findet sich in unserer Nora Nuss, ein saftiges, langzeitgeführtes Roggen-Dinkel-Sauerteigbrot mit Walnüssen. Die Walnüsse werden, bevor sie im Teig verarbeitet werden, in Whiskey und Honig eingelegt – das gibt einen ganz feinen Geschmack ab.

Viele Lebensmittel direkt zu beziehen ist sicherlich ein wesentlich höherer Aufwand, als alle bequem über den Großhandel zu beziehen. Welche Herausforderungen gibt es beim Direktbezug bzw. wenn man mit so vielen kleinen Produzent:innen wie ihr zusammenarbeitet? Und natürlich für uns auch spannend: Wie meistert ihr diese Herausforderungen?

Der Einkauf bei Kleinerzeuger:innen ist natürlich aufwändiger. Mengen, Kontingente und Preise müssen einzeln ausverhandelt werden und dann müssen wir bei vielen unterschiedlichen Partner:innen einzeln bestellen. Zudem kommt es des Öfteren vor, dass Lieferant:innen nicht die Gesamtmenge liefern können, die wir brauchen - dann haben wir mehrere Bauern und Bäuerinnen als Ansprechpartner:innen für nur einen Rohstoff. Gibt es Ausfälle, müssen wir uns selbst um Ersatz kümmern. Auch die Organisation der Anlieferung ist nicht immer einfach.

Diesen Mehraufwand nehmen wir aber gerne in Kauf, für uns überwiegen die Vorteile einer ehrlichen, aufrichtigen, geradlinigen und transparenten Partnerschaft. Und ist eine Partnerschaft erstmal aufgebaut, funktioniert das meist über Jahre sehr gut.

Direkt einkaufen heißt für euch aber nicht nur, die Produkte direkt bei den Landwirt:innen zu bestellen und einzukaufen, sondern auch die Menschen dahinter kennenzulernen, ihre Höfe anzuschauen, gemeinsam mit den Landwirt:innen über ihre Felder zu gehen, ihre Philosophie und ihre Produkte kennenzulernen und natürlich auch sie zu verkosten. Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht und wie prägen diese Begegnungen eure Partnerschaften?

Wir waren schon immer neugierig, wer die Menschen sind, die hinter den Lebensmitteln stecken, die wir einkaufen. Wir wollen wissen, wie die Felder aussehen, wie unser Topfen entsteht oder die Schweine auf der Sonnenterrasse gehalten werden. Für eine langfristige Partnerschaft ist es wichtig, sich gut und eben auch persönlich zu können und gegenseitig voneinander zu wissen, wie man denkt und welche Philosophie man verfolgt. Aus vielen Partner:innen wurden mittlerweile auch Freunde, das freut uns ganz besonders.

Mittlerweile besuchen wir unsere Lieferant:innen, aber nicht mehr nur alleine, sondern laden alle unsere Mitarbeiter:innen zweimal im Jahr ein, gemeinsam mit uns, unsere Partner:innen zu besuchen. Das gibt ihnen ein tieferes Verständnis und sie können unseren Kund:innen viel lebhafter von unseren Partner:innen erzählen.

Stetig kommen auch neue Produzent:innen dazu, so wie kürzlich der Biohof Thalhuber. Kannst du uns kurz erzählen, welche Produkte ihr vom Biohof Thalhuber bezieht und an diesem Beispiel erklären, was eure wichtigsten Kriterien bei der Auswahl neuer Produzent:innen sind und wie ihr sicherstellt, dass diese euren hohen Standards entsprechen?

Unser Kredo ist immer so regional wie möglich Bio einzukaufen. Gibt es gewisse Bio-Rohstoffe im direkten Umkreis nicht, müssen wir den Radius größer ziehen. Natürlich müssen die Bio-Rohstoffe dann aber auch wirtschaftlich leistbar sein, denn doppelt oder dreifach so hohe Einkaufspreise können wir auch unseren Kund:innen nicht weitergeben, nur weil es direkt aus der Umgebung stammt. Zu guter Letzt muss das Produkt dann natürlich auch schmecken und von guter Qualität sein – wir können nur mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, geschmackvolles Brot und Gebäck herstellen.

Produzent:innen kommen oft direkt auf uns zu oder werden uns empfohlen – durch unsere vernetzte Verkaufsleiterin, Christina, die ja auch eure Vorsitzende ist, konnten wir in den letzten 1,5 Jahren noch so einige neue Partnerschaften aufbauen. So auch im Fall vom Biohof Talhuber. Christina war damals auf der Suche nach Sonnenblumenkernen, weil unsere Partnerin Angelika Bräuer vom Machlandhof nicht die Gesamtmenge unseres Jahresbedarfs decken konnte. Sie erkundigte sich bei Anna Pevny, auch Slow Food Produzentin, weil sie schon öfter vom Biohof Talhuber gehört hatte und von ihr als Nachbarin wissen wollte, wie sie deren Arbeit und Qualität einschätzen würde. Anni fand damals nur positive Worte für die Familie Talhuber und nach ihrem Besuch in unserer Backstube stand fest: wir haben einen neuen Partner.

Und gerade vor zwei Wochen haben wir mit ihren Sonnenblumenkernen sogar ein neues Weckerl, unseren Kornspeicher, ein Dinkelvollkorn-Weckerl mit Körner-Brühstück, getunkt in Sonnenblumenkerne und bestreut mit Mohn, entwickelt.

Ein Betrieb, mit dem ihr schon länger zusammenarbeitet, ist der „Beerenberg“ aus Linz, von dem ihr Bio-Heidelbeeren und Bio-Marmeladen bezieht. Wie habt ihr diesen Betrieb gefunden und was schätzt ihr an den Beerenberg-Produkten?

Den Beerenberg vor den Toren von Linz, als quasi Nachbarn, kannten wir, seit es ihn in dieser Form gibt. Mit der Entscheidung, Heidelbeeren zu verarbeiten, war die Entscheidung für den Beerenberg getroffen. Wir wollten Heidelbeeren, die so richtig gut schmecken. Wir schätzen nicht nur die Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sondern auch Geschmack – der Geschmack ist einfach einzigartig. Die Beeren schmecken so frisch, so fruchtig und so echt. Sie sind perfekt für unseren saftigen Suchtkuchen oder unseren veganen Cruffin.

Wie transportiert ihr die Geschichten und Besonderheiten eurer Produzent:innen in der Kommunikation mit euren Kund:innen?

Unser gesamtes Verkaufspersonal wird nicht nur über die Herstellungsweisen und Inhaltsstoffe unserer Produkte geschult, sondern auch darüber, wo unsere Rohstoffe herkommen und wer sie produziert. Wie oben erwähnt, machen wir sogar gemeinsam Ausflüge dorthin. Unsere Kund:innen können unsere Kolleg:innen also zu sämtlichen Rohstoffen fragen, wenn sie mehr über deren Herkunft erfahren wollen. Wir haben aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass man Menschen mit Informationen überfordern kann, deshalb haben wir z. B. die Logos unserer Partner:innen von den Preisschildern im Shop wieder entfernt. Wer sich näher mit unseren Partner:innen beschäftigen will, findet sie zudem auf unserer Website und den Social Media Kanälen.

Viele Produkte von regionalen Produzent:innen finden eure Kund:innen nicht nur verarbeitet in eurem Brot und Gebäck, sondern auch im Regional-Regal in euren Shops. Kannst du uns kurz beschreiben, was eure Kund:innen dort erwartet?

Mit dem Regionalregal möchten wir nicht nur einigen unserer Partner:innen, sondern auch anderen Bio-Produzent:innen aus der Region eine Verkaufsfläche bieten und das ein oder andere gute Zubrot anbieten.

Unser Regionalregal bietet ein breites Sortiment:

- für ein gelungenes Frühstück gibt es neben Marmeladen (Beerenberg, Bioobstbau Peterseil und Lehof), auch Honig (Stockwerkhonig und Erich Mayrhofer), Eier (Biohof Steiniger), vegane Aufstriche (Laura’s Genusskistl, Schwarzbergerhof), Dinkel-Müslis (Biohof Krammer-Pinter und Biohof Fuchsberger), Kaffee (Suchan und Kurt Traxl) und Tee (Mathiasnhof).

- für eine herzhafte Jause findet man in unserem Regionalregal zudem Cabanossi und Feireza (Bio-Fleischerei Höglinger), Senf (Biberhof), Gurkerl und Patisson (Nachbars Garten), Pedacola, Salz (Mathiasnhof) und unsere beliebten Suchtkräcker mit Leinsamen und Sesam oder Rosmarin bestreut.

Was uns ganz besonders freut ist, dass wir mittlerweile auch Butter und Käse von der Privatkäserei Höflmaier in unseren Shops anbieten können.

Abschließend, habt ihr eine Vision oder Zukunftspläne für eure Bäckerei, die ihr mit uns teilen möchtet? Wo seht ihr euch und eure Partner:innen in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Wir möchten so bleiben wie wir sind. Klein, fein und überschaubar. Keinesfalls darf auf Kosten des Wachstums die Qualität hintenangestellt werden.

Die Lieferant:innenbesuche sind bei unseren Mitarbeiter:innen sehr beliebt und helfen uns, auch unsere Partner:innen noch besser zu verstehen. Das werden wir alles so bleiben. Wir wollen die biologische Landwirtschaft weiterhin fördern, ein Vorbild für wirklich gutes, handwerklich hergestelltes Bio-Brot sein und für Vielfalt stehen.

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Fotos: © Brotsüchtig/ Anna Fruhstorfer, Bettina Kurzmann, Dominik Derflinger

 

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