Christian Bachler führt in Krakauebene den höchstgelegenen, bewirtschafteten Hof der Steiermark. Kritisch stellte er sich gegen das System der konventionellen Landwirtschaft und rettete mittels Crowdfunding den 900 Jahre alten Bergerhof vor der Zwangsversteigerung. Heute geht er mit seltenen Nutztierrassen unkonventionelle Wege in der Landwirtschaft, um besondere Produkte zu schaffen.
„Wir wollen in der Wertschöpfung wachsen, nicht in der Quantität.“
Christian Bachler
Auf seinem Bergerhof in Krakauebene in der Steiermark hält Bauer Christian Bachler eine bunte Herde alter österreichischer Nutztierrassen. Auf den steilen Hängen grasen Yaks und Ennstaler Bergschecken. Ursprünglich stammen Yaks aus dem Himalaya, scheinen sich aber auch hier in den Niederen Tauern wohlzufühlen. „Ihr Fleisch schmeckt wilder als Rindfleisch, aber nicht so wild wie Wild“, sagt Christian. Ihr Fleisch vermarktet er direkt ab Hof über Mischpakete. Unter den Rindern sind auch Ennstaler Bergschecken, eine alte Rinderrasse, die bis in die 1930er Jahre in der Region dominierend war. Sowohl Yaks als auch Ennstaler Bergschecken können gut mit den steilen Hängen der nahe gelegenen Plötschalm umgehen, wo sie den Sommer verbringen. Hier weiden auch die Huzulenpferde, die alles fressen, was die Rinder stehen lassen – „Roah herputzen“ nennt Christian das. Auf der Alm sammelt Christian auch Zirbenzapfen und erntet den Wacholder für den hofeigenen Gin. Auf den ebenen Flächen rund um den Hof weiden ganzjährig im Freiland Alpenschweine, eine alte Schweinerasse, die vom Mittelalter bis zum Ersten Weltkrieg im Ostalpenraum weit verbreitet war, danach aber als ausgestorben galt. Durch Zufall wurden 2013 in Südtirol ein paar überlebende Alpenschweine gefunden, seither werden sie – unter anderem am Bergerhof – erhalten. „Das ist die klassische Specksau“, sagt Christian. Er produziert nicht nur Speck, sondern aus ihrem Fleisch auch eine pikante Rohwurst. Daneben tummeln sich noch ein paar Bronze-Puten, Gänse und eine bunte Hühnerschar. „Bei uns gilt: Vielfalt statt Einfalt“, sagt Christian. Sein Bergerhof gilt als der höchstgelegene, ganzjährig bewirtschaftete landwirtschaftliche Betrieb der Steiermark – er liegt auf 1.450 Metern Seehöhe.
Christian führt den Hof seit 2003. Nach der landwirtschaftlichen Fachschule in Tamsweg und dem plötzlichen Tod seines Vaters musste er den elterlichen Hof im Alter von 20 Jahren übernehmen. Obwohl der Hof damals keine Schulden hatte, gab es einen immensen Investitionsrückstau. Mittels Kredite wollte er die Milchwirtschaft modernisieren. Doch das Auflassen der Milchkontingentierung führte bald darauf zu einem drastischen Einbruch des Milchpreises. 2011 stellt Christian fest, dass das klassische Landwirtschaftssystem für ihn nicht funktioniert. Er beendet die Milchwirtschaft, kauft die ersten drei Yaks und stellt auf Direktvermarktung um – doch die enormen Schulden bleiben. Änderungen bei den Subventionen lassen mehrere Jahre lang Förderungen für den Bergerhof entfallen, Christian gerät mit den Rückzahlungen derart in Rückstand, dass die Zwangsversteigerung droht. Ein Crowdfunding, initiiert von Falter-Chefredakteur Florian Klenk, via Facebook und Spenden von 13.000 Privatpersonen retten den 900 Jahre alten Hof und machen Christian schuldenfrei.
Systemkritisch ist Christian Bachler geblieben. Oder vielmehr „unkonventionell“, wie er selbst sagt. Bio-Standards gehen ihm immer noch nicht weit genug, insbesondere beim Tierwohl. Einer der Gründe, warum er nicht bio-zertifiziert ist. Auf seinem Hof gilt außerdem: „feed no food“. „Wir füttern nichts, was in Konkurrenz zum Menschen steht.“ – Also kein Mais oder Getreide für die Tiere. Und es verlässt auch kein Tier lebend den Hof: Für seinen „zweiten Bildungsweg in der Landwirtschaft“ hat sich Christian auch das Metzger-Handwerk angeeignet: durch Lernen von einem pensionierten Metzger, durch Youtube-Videos, durch Bücher und Kurse. Gemeinsam schlachten die beiden das erste Rind, und Christian startet mit der Direktvermarktung über Social Media. Denn: „Alte Nutztierrassen sind in der Haltung easy, die eigentliche Arbeit beginnt in der Vermarktung.“ Seither ist Social Media für Christian nicht mehr nur eine Protestplattform, sondern auch die wichtigste Vermarktungsplattform geworden: Er kündigt seine Fleischpakete, aber auch Sirupe, Schnäpse, den Gin und vieles mehr via Social Media an und verschickt gekühlte Pakete. Und Christian ist überzeugt, dass dieser unkonventionelle Weg der beste Weg zu einem guten Produkt ist: „Unsere Tiere verbringen zwei Sommer auf der Alm, dann macht's tusch und vorbei ist es. So schlecht ist das gar nicht. Und ich glaube, dass das auch etwas mit dem Produkt macht. Dass man das schmeckt, dass es dem Tier gut gegangen ist.“
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