Einst war der Fattingerhof im steirischen Stübing der größte Obstbaubetrieb der österreichisch-ungarischen Monarchie. Heute bewirtschaften Michael Fattinger und seine Tochter Helene den Hof mit über 180 Obstsorten – und das alles biologisch.
„Es ist ein Familienbetrieb und ich möchte unbedingt weitermachen.“
Helena Fattinger
Schafnase, Maschanzker oder Cox Orange, Bohnapfel, Ananas Renette oder Kronprinz Rudolf – die Sortenliste am Bio Obstgut Fattingerhof liest sich wie das Who is Who der alten, steirischen Apfelsorten. Dazu kommen Birnen, Ribisel und Heidelbeeren, Kirschen und Weichseln, Marillen, Zwetschken, Pfirsiche, Quitten und sogar Kiwis. In Summe haben die Fattingers damit bis zu 180 verschiedene Obstsorten. Einen Grundstein für die heutige Vielfalt legte die Geschichte: Einst war der ehemalige Gutsbetrieb des Grafen Palffy im steirischen Stübing der größte Obstbaubetrieb der österreichisch-ungarischen Monarchie. Einen weiteren legte Stefan-Dieter Fattinger, ein Chemiker mit einer großen Leidenschaft für den Obstbau, der hier nach dem zweiten Weltkrieg die alten Obstplantagen revitalisierte und neue pflanzte. Damals war es noch Standard, die Äpfel zwecks längerer Haltbarkeit vier Tage vor der Ernte mit einem Fungizid zu behandeln. Als Chemiker wusste Stefan-Dieter, dass sich das vor dem Verzehr nicht rechtzeitig abbauen würde. Und gab seinem Sohn mit auf den Weg: „Michl, mach bio!“
Als Michel Fattinger den Obstbaubetrieb von seinem Vater übernimmt, stellt er tatsächlich Stück für Stück alles auf biologische Bewirtschaftung um. Er erhöht die Vielfalt an Sorten weiter – alleine bei den Äpfeln sind es bald 60 –, auch weil er herausfinden möchte, welche unter biologischen Anbaubedingungen funktionieren. „Den Umgang musst du lernen, das geht nicht von heute auf morgen“, sagt er. Hagelnetze setzen die Fattingers nicht ein: „Man schmeckt einfach einen Unterschied, weil die Früchte durch die Hagelnetze weniger Licht bekommen“, sagt Helene Fattinger, Michaels Tochter. Sie steigt nach ihrer Ausbildung zur landwirtschaftlichen Obstbaufacharbeiterin gerade in den Familienbetrieb ein: „Ich möchte unbedingt weitermachen“, sagt sie. Und zwar, obwohl die Wetterkapriolen den Anbau von Bio Obst in der Region immer schwieriger machen.
Helene ist es auch, die gerade neue Etiketten für die veredelten Produkte initiiert hat: Denn das Obst wird nicht nur als Frischobst verkauft, sondern auch als direkt gepresster Apfelsaft – natürlich aus der eigenen Obstpresse. Dafür verwenden die Fattingers Früchte mit Hagelschäden oder kleinen optischen Mängeln, die nicht als Tafelobst verkauft werden können: „Kein Apfel soll umsonst wachsen“, sagt Helene. Zum Apfelsaft kommen auch noch Most und Marmeladen. Und Wein – denn die kargen Schieferböden rund um Stübing sind auch bestens geeignet für Gelben Muskateller – und Blauen Wildbacher, der am Fattingerhof zu Schilcher verarbeitet wird.
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