Aus den Früchten ihrer alten Hochstamm-Apfelbäume produzieren Christian und Susanne Weissensteiner reinsortigen Apfelwein. Damit auch die Streuobstwiesen der Region erhalten bleiben, kaufen sie die geklaubten Äpfel zu einem fairen Preis auf.
Aus der Vielfalt der Streuobstwiesen kannst du jedes Jahr etwas Neues machen.
Susanne Weissensteiner
Im Jahr 1999 erbt Christian Weissensteiner den Veitlbauerhof in St. Gallen am Rande des Nationalparks Gesäuse von seinem Onkel – mitsamt der rund 450 Apfelbäume auf den umliegenden Wiesen. Weil er die alten Streuobstbäume erhalten und nutzen will, macht Christian Ausbildungen zum Most-Sommelier und zum Baumwart. Als er nach einem Kurstag begeistert eine Flasche Steirermost nach Hause bringt, versichert ihm Susanne: „Wenn du einen solchen Most zusammenbringst, dann helf' ich dir und wir satteln um auf die Apfelweinproduktion.“
Der Versuch dürfte ein Genuss gewesen sein: Gemeinsam mit dem Natur- und Geopark Steirische Eisenwurzen rufen die beiden ein Projekt ins Leben, mit dem die Streuobstbäume der Region von einer Pomologin bestimmt und aufgezeichnet werden. Und sie legen damit den Grundstein für ihre Spezialisierung auf reinsortiger Apfelweine und -säfte aus den Streuobstwiesen, auch wenn die Ernte mitunter aufwändig ist, weil jede Apfelsorte einen anderen Reifezeitpunkt hat. Christian und Susanne pressen auch Äpfel von alten Streuobstwiesen aus der Region: „Hier bei uns gibt es keine großen Höfe mehr, aber viele haben noch ein Bauernsachl, wo ein paar alte Apfelbäume stehen,“ erzählt Susanne. Damit das hocharomatische Obst geklaubt und verwertet wird, kaufen sie es zu einem fairen Preis auf und pressen es zu einem naturtrüben Streuobstwiesen-Apfelsaft. Zusätzlich haben sie direkt am Hof eine neue Streuobstwiese mit 100 Bäumen gepflanzt, freilich nur mit alten, regionalen Sorten wie Schafnase, Maschanzker und Bohnapfel. Dass sie erst in zehn bis fünfzehn Jahren Früchte tragen, stört Susanne nicht. Schon jetzt sind die Streuobstwiesen ein wichtiger Lebensraum und Nistbereich für Fledermäuse, aber auch Bienen und Hummeln. „Die Hummel ist überhaupt unsere wichtigste Mitarbeiterin,“ sagt Susanne: Denn im Gegensatz zur Biene fliegt und bestäubt sie auch bei Schlechtwetter.
Außerdem haben Christian und Susanne auch eine Bio-Speiseapfelanlage angelegt, um regionale Speiseäpfel anbieten zu können und neue Apfelsorten zu veredeln. Auf Wunsch vieler Kund:innen öffnen sie die Anlage jeden Herbst für einige Wochen für die Selbsternte: Die Kund:innen schnappen sich Körbe – die Motivierten gleich die Scheibtruhe – und pflücken sich die reifen Äpfel aus der Tafelobstanlage, freilich die in einer angenehmen Höhe und nicht von den Hochstämmen. Die Apfelweine und -säfte werden im eigenen Hofladen und an die regionale Gastronomie verkauft, wenngleich nur unter einer Voraussetzung: „Wir nehmen nicht jeden Kunden. Wir sagen immer: Wenn ihr unsere Produkte wollt, dann kommt vorbei und schaut euch an, wie wir arbeiten.“